Kleine Welt am Faden

Mainaschaffer "Puppenschiff" spielt für Kinder


FRANKFURT. Die Bühne ist klein, erinnert an eine Ritterburg und hat noch eine Nebenbühne, auf der ein affenartiges Wesen einen Spiegel hält. Dann erklingt ein Gong, das Deckenlicht erlischt, und eine große Kugel leuchtet auf. Zwischen Hanau und Aschaffenburg ist es längst zum Geheimtip geworden - das Mainaschaffer »Puppenschiff«, das hier im 200 Jahre alten Gasthof »Zur Krone« vor einem Jahr vor Anker ging.

Jedes Wochenende »tanzen« die Marionetten - am Sonntagnachmittag für die Kinder, am Samstagabend für die Erwachsenen. Diesmal ist »Schneewittchen« zu sehen, das Märchen von der braven Königstochter, die den Neid ihrer Stiefmutter erregt. Alles ist winzig, aber gut zu erkennen. Im Kamin brennt ein Feuer. Die Lichttechnik vermittelt das Gefühl, selbst Gast im Schloß zu sein. Schneewittchen ist traurig. Ihr treuer Rabe warnt sie, denn die Stiefmutter führt Böses im Schilde. Jetzt beginnt der Spiegel geheimnisvoll zu glühen. Und während er mit der Stiefmutter spricht, leuchten die Augen des Tieres dahinter.

Ein kurzer Blick hinter die Kulissen: Da hängen sie an ihren Fäden, rund 100 der armlangen Figuren. Einige sind aus Metallteilen zusammengeschraubt, andere mit echtern Fell bezogen. Damit auch alles reibungslos klappt, bewegen sich die Puppenspieler auf leisen Sohlen auf einer Brücke oberhalb der Spielfläche hin und her.

Heinke Kilian

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom Sonntag, 5. April 1992